Warum Angus?
Die Fleischrinderrasse Aberdeen Angus wurde erstmals vor etwa 70 Jahren in größerer Anzahl aus Schottland importiert und war damit die erste spezialisierte Fleischrinderasse Deutschlands. Seitdem wird die Rasse züchterisch erfolgreich bearbeitet und immer wieder den Anforderungen des Marktes angepasst. Sie steht zahlenmäßig mit über 9000 eingetragenen Herdbuchtieren mit aufsteigender Tendenz an dritter Stelle in der deutschen Fleischrinderzucht. Mit fast 2000 exportierten Angustieren im Jahr 2017 gehört die Rasse Angus zu den Exportschlagern der deutschen Fleischrinderzucht.
Angusrinder in und aus Deutschland können viel und gehören zu den besten Universalisten in der Mutterkuhhaltung. Um dies zu erreichen, hatten es die deutschen Anguszüchter im Laufe der Jahrzehnte nicht immer ganz leicht, züchterisch dem jeweiligen Markttrend zu folgen. Aber es ist ihnen mit Bravour gelungen- auch mit dem Einsatz internationaler Genetik-, unverzichtbare Eigenschaften für eine wirtschaftliche, unkomplizierte und für jeden Zweck befähigte Mutterkuhhaltung zu erhalten und zu sichern.
Dazu gehören:
1. Leichtkalbigkeit
2. Frühreife
3. Leistungsbereitschaft
4. Robustheit
5. Ruhiger (oder umgänglicher) Charakter
6. Fleischqualität
7. Wirtschaftlichkeit
Werfen Sie zum Beispiel einen Blick in einen Fleischrinder- Auktionskatalog! Darin können Sie die Leistungen der verschiedenen Rassen überprüfen. Schauen Sie sich das Erstkalbealter der Mütter, ihre Zwischenkalbezeiten, deren Aufzuchtleistungen mit der Anzahl geborener und aufgezogener Kälber und die Tageszunahmen an. Auch für die Bullen als Väter sind gute Informationen ausgewiesen.
Wenn Sie keinen Katalog zur Hand haben, dann schauen Sie sich bitte die Zuchtpapiere von ein paar Jungrindern im Anhang an. Solche Zuchtpapiere werden auch Pedigree genannt und sollten beim Ankauf von Herdbuchtieren im Vorfeld geprüft werden. Dabei werden Sie feststellen, dass die Färsen der Rasse Angus in der Regel mit 2 bis 2 ½ Jahren abkalben. Dies schaffen sie nur, weil ihre Mütter viel Milch haben und die jungen Kälber schon sehr früh beginnen, viel Heu oder Silage zu fressen. Trotz ihrer Frühreife benötigen die Anguskälber kein Kraftfutter, aber eine tiefe Rippe für ein großes Pansenvolumen. Die weiblichen Kälber können schon mit 7 bis 8 Monaten geschlechtsreif sein.
Es gibt natürlich auch wichtige Informationen, die nicht im Katalog stehen. Dazu gehören zum Beispiel Robustheit und Anspruchslosigkeit ebenso wie ein umgänglicher Charakter. Vielen von uns dürfte der Spruch bekannt sein: „Jede Mutter lobt ihre Butter“, deshalb sollte die Information zu einer Rasse auf mehreren Betrieben vor Ort gewonnen werden. Hier lassen sich am besten die charakterlichen Eigenschaften, ihre Robustheit und Widerstandsfähigkeit beurteilen. informieren! Dabei sind die Vorstellungen darüber, was von einer Rasse bzw. Mutterkuh erwartet wird, natürlich sehr weitreichend und unterschiedlich, aber die Rasse Angus kann die meisten erfüllen!
Wirtschaftlichkeit und Fleischqualität
Zu den überprüfbaren Eigenschaften gehören auch Faktoren zur Wirtschaftlichkeit und Fleischqualität!
Natürlich hängt die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung von verschiedenen Faktoren ab. Ein wesentliches Kriterium ist und bleibt dabei die tägliche Zunahme der Kälber und späteren Masttiere. Zu den unbestritten besten Methoden zur Erfassung der Leistungsfähigkeit gehören die Stationsprüfungen für unsere jungen Fleischrinderbullen. Wir haben im Zuchtgebiet des Fleischrinder-Herdbuchs Bonn e.V. (FHB) das große Glück, als Züchter eine solche Station beschicken zu können. Die Stationsprüfung hat den großen Vorteil, dass alle Bullen unter den gleichen Bedingungen gehalten und gefüttert werden. Dadurch sind die Ergebnisse sehr gut vergleichbar und ermöglichen auch für den Haltungsbetrieb eine gezielte Anpaarung zur Verbesserung der gewünschten Merkmale, die für die Selbstvermarktung wahrscheinlich anders aussehen als für die Erstellung von Tieren für die Mast.
Ergebnisse der ELP -Stationen des FHB 2012-2016 (Prüfdauer 120 Tage) Quelle FHB 2017 (Mü/Dr.Di) | ||||||
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Station | Borgentreich / Bühne | Everswinkel * | ||||
Charolais | Blonde d´Aquitaine | Fleckvieh Fleisch | Limousin | Angus | ||
Anzahl | n | 79 | 43 | 40 | 253 | 65 |
Alter Prüfbeginn | Tage | 262 | 281 | 268 | 286 | 280 |
Gewicht Prüfbeginn | kg | 408 | 418 | 413 | 394 | 398 |
Gewicht Prüfende | kg | 600 | 622 | 622 | 562 | 588 |
Tageszunahme in der Prüfperiode | g | 1584 | 1533 | 1702 | 1397 | 1581 |
Lebenstagszunahme | g | 1454 | 1412 | 1486 | 1288 | 1374 |
* Die Ergebnisse beider Stationen sind wegen unterschiedlicher Fütterung und Haltung nicht direkt vergleichbar. |
Zu den Ergebnissen der Stationsprüfung gibt es in der Praxis bestimmt eine größere Streubreite, da die Einflussfaktoren vielfältig sind. Für den Mäster sind die Tageszunahmen in der Prüfperiode eine wichtige Kenngröße, denn das ist der Zeitabschnitt, bei dem die Bullen auch bei ihm im Stall stehen und Geld kosten oder verdienen.
Vergleichsbetrachtung „Leichte und schwere Mutterkuh“ (Modellrechnung) (Frank Hübner LWK-NRW) | ||||
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Leichte Rasse (auch Angus) | Schwere Rasse | |||
€ / Kuh | € / Kuh | |||
Marktleistung und gekoppelte Prämien | 1057 | 1311 | ||
Bestandsergänzung | 17% | 260 | 21% | 432 |
Grundfutter für Mutterkuh und Absetzer 1) | 47.500 MJ ME | 637 | 53.500 MJ ME | 749 |
Preis für Grundfutter 2) | 13,4 Ct je 10 MJ ME | 14 Ct je 10 MJ ME | ||
Kraftfutter für Absetzer | 0 | 1,2 dt | 30 | |
Mehraufwand Tierarzt | 0 | pauschal | 15 | |
Überschuss nach Abzug der aufgeführten Kosten | 161 | 85 | ||
Differenz je gehaltene Mutterkuh | +76 | +/- 0 | ||
1) Grundfutterbedarf nach Berechnungen von Dr. M. Pries (LWK NRW) 2) Grundfutterpreise aus NRW- Milchviehreport (Basis: 830 Betriebe) und eigene Berechnungen mit unterschiedlichen Anteilen konventionell, extensiv und ökologisch |
Selbst wenn bei vielen Mutterkuhhaltern oder Interessenten nicht die Gewinnmaximierung, sondern der Umgang mit den Tieren und ihre typischen Eigenschaften im Vordergrund stehen, sollten doch wichtige Kostenfaktoren, die mit der Wahl der Rasse verbunden sind, nicht außer Acht gelassen werden.
Fleischqualität hat nichts mit Fleischmenge zu tun!
Für die Qualitätsbeurteilung von Lebensmitteln allgemein lassen sich drei Gruppen von Eigenschaften zusammenfassen, die prinzipiell auch für Fleisch Gültigkeit haben: Dies sind der Gesundheitswert, der Genusswert und der Eignungswert.
Aus der Sicht der Verbraucher ist der Genusswert das qualitätsbestimmende Kriterium, da die anderen Merkmale nicht ohne weiteres beurteilt werden können bzw. nicht beachtet oder als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Der Genusswert ist für den Kauf eines Lebensmittels ein entscheidender Faktor (Zacharias, 1974; Wirth, 1980) [Kulmbacher Reihe Band 7].
Zartheit
Von den drei Hauptmerkmalen der Essqualität des Rindfleisches (Saftigkeit, Zartheit, Aroma/Geschmack) ist die Zartheit bzw. deren negatives Gegenstück die Zähigkeit für viele Konsumenten das wichtigste Merkmal. Die Zartheit des Fleisches wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, aber die Rasse, das Futter und die Reifung/Behandlung des Fleisches gehören zu den wichtigsten.
Saftigkeit
Die Saftigkeit des Fleisches steht in engem Zusammenhang mit seinem Wassergehalt. Speziell für Rindfleisch ist aber davon auszugehen, dass ein günstiger Fettgehalt und seine Verteilung niedrige Gehalte an freiem Wasser ausgleichen können.
Aroma und Geschmack
Wir alle wissen, dass jeder Mensch einen anderen Geschmack haben soll oder hat. Deswegen ist es auch ziemlich schwierig, Aroma und Geschmack exakt zu bestimmen. Es ist auch sehr schwierig, alle Faktoren einzugrenzen, die dem Fleisch Aroma und Geschmack verleihen. Unbestritten aber ist der Einfluss des Fettgewebes in seiner Menge und Qualität und seinen darin gelösten Stoffen zu sehen.
Natürlich obliegt die Beliebtheit bestimmter Fleischherkünfte auch sich ändernden Verzehrs- gewohnheiten und Markteinflüssen. Aber weltweit auf allen Kontinenten wird das Fleisch der Rasse Angus als Symbol für höchsten Genuss beim Verzehr von Rindfleisch angesehen. Die deutschen Angushalter und -züchter mit ihrer internationalen Genetik befinden sich damit in bester Gesellschaft!